Generation X, Y und Z unterscheiden sich. Vor allem hinsichtlich ihrer Arbeitsmoral. Zumindest hört man das häufig. Die älteren Generationen beäugen Generation Z mit gerümpfter Nase. Den Jungen wird vorgeworfen, nicht genug Zeit in die Arbeit zu investieren und zu hohe Ansprüche zu stellen. Man fragt sich: Wohin soll sich unsere Gesellschaft mit vergleichbar wählerischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen entwickeln? In die richtige Richtung?
Was bedeutet Arbeitsmoral?
Vorweg sollten wir die Definition von Arbeitsmoral klären. Der Begriff bezieht sich auf die innere Arbeitseinstellung. Eine gute, hohe Arbeitsmoral – so sagt man – zeichnet sich durch engagierte Mitarbeitende aus, die gerne Überstunden machen und auch mal ihre Freizeit für anstehende Projekte opfern. Beispiele für eine mangelnde Arbeitsmoral wären Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die schlechte Stimmung verbreiten und Dienst nach Vorschrift erledigen. Die extra Meile für Projekte würden diese niemals gehen.
Gen Z wird vorgeworfen, ihre Freizeit und ihre persönlichen Bedürfnisse wichtiger zu nehmen und daher wenig Arbeitsmoral zu besitzen. Ihre Hygienefaktoren – also die Faktoren, die ein Muss sind, damit Arbeitszufriedenheit überhaupt entstehen kann – seien zu hoch. Doch warum glaubt Generation Z, ohne große Arbeitserfahrung vergleichbar viel fordern zu können?
Weil sich die Werte unserer Gesellschaft gewandelt haben? Können wir gar stolz auf Gen Z sein?
Mangelnde Arbeitsmoral – stimmt das?
Die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral von Heinrich Böll sagt viel über die oft häufig falsche Annahme, dass mehr Arbeit am Ende mehr Glück bedeutet. Wer nur hart genug arbeitet, kann das Leben irgendwann genießen. Dass das nicht stimmt, ist den jungen Menschen bewusster als je zuvor. Das, was man wirklich braucht, um glücklich zu sein, findet man nicht in der Arbeit. Diese ist zwar ein wichtiger Faktor im Leben, allerdings nicht so wichtig, dass man sich dafür aufopfern muss.
Wenn die älteren Generationen, die Babyboomer, über mangelnde Arbeitsmoral sprechen, ist also Vorsicht geboten. Mischt sich bei vieler ihrer Aussagen vielleicht der Frust unter, dass sie sich abgerackert haben, ohne am Ende das versprochene Glück ganz oben auf der Karriereleiter zu finden. Vielleicht hat Gen Z den Begriff Arbeitsmoral einfach richtig verstanden und fordert das, was auch schon ältere Generationen hätten fordern sollen – mehr Zeit für das, was am Ende wichtig ist.
Der Arbeitsmarkt muss sich wandeln
Viele Unternehmen passen ihre Strukturen nur langsam und teilweise auch widerwillig an die neuen Arbeitsmarktbedingungen an. Dass sie ihre Mitarbeiterkultur und ihre Arbeitsstrukturen überdenken müssen, wissen sie und trotzdem fällt es ihnen schwer. Immerhin passen die jungen Freidenker häufig nicht so gut zum Kapitalsystem. Gar liegt dort das wirkliche Problem begraben? Immerhin muss ja jemand die Geldmaschinerie am Laufen halten.
Oder liegt es an den alten Unternehmensstrukturen, dass Gen Z die Definition von Arbeitsmoral angepasst hat? Hat die ursprüngliche Bedeutung von Arbeitsmoral nicht gerade deren Eltern stark gefordert und ins Burnout und andere schwere Erkrankungen getrieben? Welche Firmenversprechen wurden am Ende wirklich eingehalten? Generation Z ist selbstbewusst und lässt sich nicht ausbeuten. Sie ist intelligent, effizient und fordert. Es ist Zeit, dass die Unternehmen für ihre Mitarbeitenden da sind und ihnen geeignete Arbeitsbedingungen zur Verfügung stellen, damit diese auch gerne Erfolge für die Unternehmen erwirtschaften.
Arbeitsmoral neu gedacht
Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass die jungen Generationen – also Generation Z und zum Teil auch Generation Y – eine mangelnde Arbeitsmoral besitzen, nur weil sie gewisse Annehmlichkeiten fordern und auch auf andere Bereiche ihres Lebens wert legen. Viel mehr haben diese Generationen eine eigene Definition von Arbeitsmoral. Sie arbeiten nicht blind, um zu arbeiten. Sie arbeiten an Projekten, für die sie brennen, und in Unternehmen, die sie wertschätzen – Gen Z und Y sind bereit, über ihre Komfortzone zu gehen und auch extra Schichten einzulegen, aber nur, wenn sie sich genährt fühlen. Ist dies nicht der Fall, suchen sie sich neue Projekte und Unternehmen – die lebenslange Loyalität einem Arbeitgeber gegenüber fehlt tatsächlich. Dies kann jedoch viele Vorteile haben – für Unternehmen wie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wenn die jungen Generationen zu einem neuen Unternehmensteam stoßen, sind sie meist hoch motiviert und wollen Projekte zum Erfolg führen oder zumindest alle verfügbaren Mittel dafür in Bewegung setzen. Aber sie verlangen dafür auch etwas. Ein Geben und Nehmen – so, wie es sein sollte. Nur, weil ältere Generationen nicht den Mut hatten, zu fordern, sollten sie den Jungen keine mangelnde Arbeitsmotivation vorwerfen. Immerhin haben sie uns in Kindertagen ja gepredigt: „Mach es wie Pippi Langstrumpf: Mach dir die Welt, so wie sie dir gefällt.“
Arbeitsmoral muss neu gedacht werden. Nur weil manche Teams erfolgreich erscheinen oder die Schreibtische der alten Generation mit Sprüchen über Arbeitsmoral überquillt, heißt es nicht, dass diese wirklich motiviert arbeiten. Haben gerade ältere Generationen vor allem gearbeitet, weil ihr Pflichtbewusstsein dies von ihnen verlangte. Gen Z und Y investieren vielleicht wenige Stunden am Tag in die Arbeit, dafür aber meist mit voller Motivation und Konzentration. Bieten Unternehmen ihnen etwas, wollen sie auch etwas zurückgeben. Die Frage ist also nicht: „Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft?“, sondern viel mehr: „Was ist gute Arbeitsmoral überhaupt?“ Und vor allem: „Decken sich das Verständnis über Arbeitsmoral des Unternehmens mit dem des Bewerbers/der Bewerberin?“ Denn eines wird immer klarer, es wird immer wichtiger, dass sich Arbeitgeber und Mitarbeitende finden, die gleiche Werte und Ziele teilen. Dann herrscht in jeder Generation hohe Arbeitsmoral.