Psychische Gesundheit im Home-Office

Psychische Gesundheit im Home-Office

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Seit mehr als einem Jahr verbringt ein großer Teil der Menschen seinen Arbeitsalltag am heimischen Schreibtisch und fährt nicht mehr Tag für Tag ins Büro. Was für viele zunächst nach einer großen Entlastung klingt, kann bei mangelnder Planung jedoch schnell negative Auswirkungen auf das eigene Wohlbefinden und die psychische Gesundheit nach sich ziehen. Doch warum ist dem so? Und wie lässt sich entgegenwirken und für Psychische Gesundheit im Home-Office sorgen?

Chancen im Home-Office

Zunächst einmal sei an dieser Stelle erwähnt, dass das Arbeiten im Home-Office auch zahlreiche Chancen für eine Verbesserung der eigenen Lebensverhältnisse und der psychischen Gesundheit bietet. Besonders Pendlerinnen und Pendler, die vor der Pandemie einen großen Teil ihres Tages im Zug oder im Auto verbracht haben, werden vom Umzug ins Home-Office profitieren können: Ein relevanter Stressor, der ihren Tagesablauf zuvor geprägt hat, ist nun verschwunden. Mit dem Absinken des Stresslevels verschwindet auch ein Risikofaktor für zahlreiche psychische wie physische Erkrankungen.

Positiv auswirken kann sich darüber hinaus die Möglichkeit, den Tages- und Arbeitsablauf stärker als zuvor in eigener Verantwortung zu strukturieren. Während im Büro meist vorgegebene Arbeitsabläufe und feste Arbeitszeiten den Tag bestimmten, können Arbeitsbeginn und Zeiteinteilung am heimischen Arbeitsplatz meist flexibler gehandhabt werden. Das bietet die Chance, den eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen stärker als zuvor gerecht zu werden, was sich positiv auf die Arbeits- und Lebenszufriedenheit auswirken kann. Sinkt die durch die Arbeit ausgelöste Frustration, sinkt auch das Stresslevel – Burn-out und ähnliche Beschwerden werden damit unwahrscheinlicher.

Zu verweisen ist diesbezüglich auch auf Menschen, deren gewöhnlicher Arbeitsalltag etwa dem eigenen Schlafbedürfnis zuwiderläuft: Ein relevanter Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlt sich in den frühen Morgenstunden weder ausgeschlafen noch leistungsfähig. Durch den Umzug ins Home-Office sind meist ein längerer Schlaf und ein späterer Arbeitsbeginn möglich. Das steigert, sofern es dem eigenen Biorhythmus entspricht, die durchschnittliche Schlafqualität und wirkt damit positiv auf einen Faktor ein, der in der Prävention diverser psychischer und physischer Erkrankungen von zentraler Bedeutung ist.

Zu guter Letzt profitieren all jene Menschen vom Umzug ins Home-Office, die in einem Unternehmen mit einem als unangenehm empfundenen Betriebsklima arbeiten. Der fehlende direkte Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen sowie zu Vorgesetzten wird in diesem Falle meist als enorme Erleichterung erfahren. Hier wird das grundsätzliche Problem jedoch nicht ausgeräumt, da die dysfunktionalen Unternehmensstrukturen sowie das wenig kollegiale Verhältnis weiterhin bestehen und weiterhin wirken – dies geschieht nur nicht mehr in der gewohnten Intensität.

Risiken im Home-Office

Den positiven Aspekten stehen jedoch einige negative gegenüber, die vom Großteil der Menschen in Deutschland als überwiegend eingestuft werden: Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebene Befragung Beyond Work 2020 ergab, dass insgesamt 52,1 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass die psychische Gesundheit unter häufiger Arbeit im Home-Office leidet. Doch worin bestehen die zentralen Probleme?

Mangelnde Trennung von Privatem und Beruflichem

Der wesentliche Faktor, der zu Stress und übermäßiger Belastung durch Heimarbeit führt, besteht in der mangelnden Trennung von Arbeit und Privatleben. Wer täglich ins Büro fährt, kann auf eine eindeutige Trennung zwischen Arbeits- und Privaträumen zurückgreifen, die es ihm erleichtert, nach der Ankunft in der eigenen Wohnung zu entspannen. Begründet liegt das darin, dass der Mensch den Ort einer Tätigkeit mit dieser Tätigkeit verknüpft – aus diesem Grund wird bei Schlafproblemen etwa empfohlen, sich nur zum Schlafen im Bett aufzuhalten.

Fällt diese Trennung nun weg, kommt es zu einer diffusen Verknüpfung der Wohnräume sowohl mit Arbeit als auch mit Freizeit. In der Konsequenz gibt es keine klar abgrenzbaren Arbeits- und Entspannungsmodi mehr, die durch den Aufenthalt an einem bestimmten Ort in Gang gesetzt werden können. Das Resultat dürften viele Menschen nach einem Jahr im Home-Office kennen: Die Grenzen verschwimmen zusehends; vor dem Fernseher wird gearbeitet, während der Arbeit wird der Abwasch erledigt und beim Abendessen werden Dienstgespräche geführt. Durch den Wegfall dieser Entspannungsphasen entstehen Stress und Unzufriedenheit.

Home Office

Strukturlosigkeit als Risikofaktor

Neben dem Wegfall der räumlichen Trennung stellt auch die Strukturlosigkeit für viele Beschäftigte eine enorme Hürde dar. Wer es nicht gewohnt ist, seinen Tag selbstständig zu strukturieren, fühlt sich von der Freiheit, die die Arbeit im Home-Office diesbezüglich mit sich bringt, mitunter überfordert. Eingespielte Routinen fallen weg und neue müssen erst etabliert werden. Das ist nicht nur mit weiterem Stress verbunden, sondern lässt auch die eigene Arbeitsleistung zunächst sinken und erfordert Problemlösekompetenz. Kommen zu dieser Belastung weitere hinzu, was mit Home-Schooling, der lockdownbedingten Einschränkung von Freizeitgestaltungsmöglichkeiten und der ständigen Gefahr einer Ansteckung in der Pandemie gegeben ist, stellt sich schnell Überforderung ein. Hieraus kann durchaus eine psychische Krise mit Gefühlen von Angst, Insuffizienz und Hilflosigkeit erwachsen.

Soziale Isolation im Home-Office

Als wesentlichen Faktor beschreiben Betroffene darüber hinaus die weitgehende soziale Isolation: Videokonferenzen und Telefongespräche können zwar mitunter den professionellen Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen ersetzen; einen Ersatz für private Gespräche, gemeinsam verbrachte Mittagspausen und Co stellen sie jedoch nicht dar. Die Arbeit von Zuhause aus begünstigt damit eine soziale Isolation.

Belastend ist die neue Situation vor allem durch die Kombination all dieser Risikofaktoren, die sich gegenseitig beeinflussen: Fehlende Entspannung alleine löst noch keine Krise aus; kommt allerdings soziale Isolation hinzu, sind gleich zwei Risikofaktoren gegeben und das Bedürfnis nach Ausgleich steigt, kann jedoch weiterhin nicht befriedigt werden.

Was tun gegen psychische Belastungen im Home-Office?

Glücklicherweise gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den beschriebenen negativen Aspekten entgegenzuwirken.

Räumlich-zeitliche Trennung schaffen

Der wohl wichtigste Punkt besteht darin, eine räumliche und zeitliche Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben zu schaffen. Was simpel klingt, ist für viele Menschen jedoch schlicht nicht umsetzbar: Beengte Wohnverhältnisse, zusätzliches Home-Schooling und die Unvorhersehbarkeit der anfallenden Aufgaben reißen alle gerade geschaffenen Grenzen wieder nieder. Nichtsdestotrotz sollte versucht werden, zumindest für eine rudimentäre Trennung zu sorgen – das ist immer noch besser als die völlige Resignation!

Wer über ein Arbeitszimmer, ein Diensthandy und einen Arbeitslaptop verfügt, hat es vergleichsweise leicht. Alle anderen können versuchen, sich selbst feste Arbeitszeiten zu setzen und möglicherweise mit verschiedenen Browsern zu arbeiten, um so zumindest eine oberflächliche Trennung zu ermöglichen. Auch spezielle Apps, die etwa während der Arbeitszeit auf Facebook oder den privaten Mail-Account unterbinden, können sinnvoll sein.

Darüber hinaus ist es hilfreich, einen festen Arbeitsplatz zu schaffen, der nach Möglichkeit nicht in unveränderter Form für andere Tätigkeiten genutzt wird. Wer nur am Wohnzimmertisch arbeiten kann, kann etwa versuchen, durch das Wegräumen von Dekoration oder das Verwenden einer Schreibtischunterlage während der Arbeitszeit für symbolische Raumunterschiede zwischen Arbeits- und Privatleben zu sorgen.

Wichtig ist selbstverständlich auch, nach den definierten Arbeitszeiten nicht mehr in die Arbeits-Mails zu schauen und keine liegengebliebenen Aufgaben zu erledigen – würde die Arbeit im Büro stattfinden, würde das schließlich auch niemand erwarten. Hier lohnt es sich, alle Arbeitsutensilien nach den Arbeitszeiten in einen Schrank oder einen Arbeitsrucksack zu räumen und den Zugriff auf den Mailaccount notfalls ebenfalls per App zu sperren.

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Entspannungsphasen in den Tag einbauen

Entspannungsphasen, die für die Prävention psychischer Probleme enorm wichtig sind, sind damit jedoch noch nicht geschaffen. Ideal ist es, den eigenen Tag bewusst zu strukturieren und diese Struktur schriftlich festzuhalten: Arbeitszeit und Termine mit sich selbst lassen sich etwa in einen Kalender eintragen. Werden aus den Vorhaben im Sinne der eigenen Gesundheit feste Termine, steigt häufig die Motivation, sie auch einzuhalten – symbolische Akte sind nämlich meist wesentlich wirkungsvoller als angenommen.

Zu diesen entspannenden Aktivitäten müssen nicht zwingend Meditation oder Yoga zählen. Auch das Hören der Lieblingsmusik reduziert Stress effektiv: Neuere psychologische Untersuchungen belegen, dass Musik therapeutisch und präventiv wirkt! In den Entspannungsphasen ist im Grunde alles erlaubt, was sich gut anfühlt: Vom Musikhören und Malen über Meditation bis hin zu Videospielen ist hier vieles möglich.

In Bewegung bleiben

Sport wirkt einigen psychischen Erkrankungen entgegen, hilft im Home-Office fit zu bleiben und sorgt dafür, dass unser Antrieb und unser Wohlbefinden steigen. Ein ausgiebiger Spaziergang reicht dabei völlig aus, um nach der anstrengenden Arbeit einen Ausgleich zu schaffen. Hinzu kommt, dass so auch anderen Erkrankungen sowie dem Bewegungsmangel, der bei Büroarbeit allgemein häufig und bei Büroarbeit von Zuhause aus die Regel ist, entgegenzuwirken.

Fazit: Mit Planung im Home-Office gesund bleiben

Die Arbeit im Home-Office bringt einige Risikofaktoren mit sich und kann die psychische Gesundheit gefährden. Mit etwas Planung lässt sich dem jedoch effektiv entgegenwirken. Dann können auch die positiven Aspekte der ungewohnten Arbeitsform, die vor allem in der hinzugewonnenen Freiheit hinsichtlich der eigenen Arbeits- und Tagesplanung bestehen, ausgenutzt werden. Kleinere Maßnahmen genügen dazu in vielen Fällen bereits.

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